Die Paniermehl-Affäre
Wir schreiben das Jahr 2013 – Käse im Supermarkt liegt jetzt auch analog aus, Erdbeerjoghurt besteht in Wirklichkeit aus Cranberrys und industriell hergestelltes Paniermehl ist bereits optisch eine krude Mischung aus Grieß und Abfälle einer Holzwerkstatt. Wer ein Social Media Dinner „Cucina Sardegna“ ausrichtet, den packt unwillkürlich der Ehrgeiz.
Vorspeisen werden bis ins kleinste Detail selbst zubereitet, ein Ciabatta nicht von irgendeinem dahergelaufenen Supermarkt erworben, sondern stilecht von der italienischen Feinbäckerei. Wenn es nicht so zeitintensiv wäre, würde man fast noch den Parmesan komplett selbst herstellen – letzteres musste sich in fester Form lediglich unserer Reibe beugen – aber dennoch, einige Zutaten scheinen elementar für das Gelingen eines leckeren Dinners, so zum Beispiel auch das „Paniermehl“ für unsere Vorspeise „Acciughe Impanate (panierte Sardellen)“. Benötigt wurden echte Semmelbrösel – nicht konfektionierte, auf eine Größe geeichte undefinierbare Lebensmittelerzeugnisse. Beim Erstellen der Einkaufsliste schien dies zunächst die leichteste Übung – ein Besuch beim Bäcker des Vertrauens, sollte zum erwünschten Ziel führen.
Doch, was vermeintlich einfach aussah, wurde fast zu einer unlösbaren Aufgabe. Zuerst die Ernüchterung: DEN Bäcker des Vertrauens gibt es nicht mehr. Er ist den diversen Franchise-Unternehmen wie Kamps, Back-Factory, Lila-Back etc. gewichen. Nun gut, auch diese Unternehmen sollten sich mit Paniermehl auskennen, so war die optimistische Hoffnung. Die Verkäuferin hinter der Theke aus Bäcker Nummer eins fragte dreimal die Begrifflichkeit ab, die wir so nonchalant über die Ladentheke riefen: SEMMELBRÖSEL…SEMMELBRÖSEL…SEMMELMEHL…PANIERMEHL? Auch die Synonymisierung half uns nicht weiter. Obwohl eine erste deutliche Regung bei dem Begriff Paniermehl zu verzeichnen war, lautete die Antwort: „Nein.“
Die Verkäuferin der zweiten Bäckerei – ein etwas kleineres unbekannteres Franchise – blickte während der Synonym-Odyssee durchgängig zu Boden – ihr waren alle Begriffe nicht geläufig und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass ihre Antwort hieß: „Nein, so etwas führen wir nicht“. NEEEINNN, klar – warum auch?? Wie können wir irrsinnigen Träumer auch auf die Idee kommen SOETWAS bei einem Bäcker zu erwarten??!
Inzwischen schämen wir uns beinah, die Bäcker der näheren Umgebung mit unserem Anliegen zu behelligen. Nichtsdestotrotz wird auch Versuch Nummer drei, nun etwas weniger optimistisch, nicht jedoch weniger jut druff, gestartet…doch auch hier: Fehlanzeige – immerhin kam dem Personal die ein – oder andere Begrifflichkeit bekannt vor und man verwies uns, lösungsorientiert, an einen Supermarkt – doh – genau DAS wollten wir doch vermeiden!!!
Also besonnen wir uns wieder auf unseren Ursprung: Gutes Essen – Gute Besserung!
Die drei alten, hart gewordenen Brötchen vom Umzug müssten doch noch in der Bäckerstüte im Regal liegen… BINGO! Das hätten wir auch einfacher haben können. Macht nüscht – dann man ran an die Boul..äh Brötchen. Die Reibe, mit der auch schon der Parmesan Bekanntschaft machen durfte, erhielt den zweiten und nicht minder wichtigen Auftrag bei der Zubereitung des Cucina Sardegna-Menüs. Semmelbrösel par excellence waren das Resultat. Und die Moral von der Geschicht‘ : Do it yourself, sonst haste nüscht.